RFID bringt Qualitätsmanagement auf das nächste Level
Über den potenziellen Mehrwert der RFID-Technologie in der Produktion herrscht ein breiter Konsens – auch wenn sie längst noch nicht in jedem Prozess zum Einsatz kommt. Kontaktloses Identifizieren von Bauteilen und Fahrzeugen auch unter herausfordernden Bedingungen, wie beispielsweise hohen Temperaturen, ist eine Paradedisziplin der RFID-Technologie. Doch was wird erst möglich, wenn RFID mehr kann als lediglich eindeutig identifizieren? „Diese Frage haben wir uns bei Smartrac vor rund zweieinhalb Jahren auch gestellt, als erste Gespräche mit dem Chiphersteller RFMicron stattfanden“, blickt Lauri Hyytinen zurück. RFMicron hatte eine IC entwickelt, die bei vergleichbarer Baugröße einer herkömmlichen IC zusätzlich zur Identifikation auch Aussagen zur Feuchtigkeit über die UHF-Frequenz weitergeben kann. „Wir haben das Potenzial dieser innovativen Chip-Entwicklung erkannt und konnten nach rund anderthalb Jahren der Entwicklung das erste passive Sensor-Label präsentieren. Seitdem finden bereits bei zahlreichen Automobilherstellern in Europa und Asien Tests statt“, berichtet Hyytinen.
Smart RFID noch smarter gemacht
RFID macht bereits seit einigen Jahren Produktionsprozesse smarter. Eine Fertigung lässt sich nahezu komplett automatisieren, wenn ein Fahrzeug an jeder Arbeitsstation eigenständig Auskunft über den folgenden Arbeitsauftrag geben kann. Zudem sorgt RFID dafür, dass permanent Echtzeitdaten aus der Fertigung einsehbar sind, sodass eine Produktionsplanung just-in-sequence mit enormen Effizienzgewinnen in der gesamten Supply-Chain erfolgen kann. „Mit passiven Sensor-Tags stoßen wir jetzt in eine neue Dimension vor. Plakativ gesprochen, haben wir mit der RFMicron- IC eine bereits smarte Technologie noch smarter werden lassen“, sagt Lauri Hyytinen.
Lauri Hyytinen „Eine Sensorik-Lösung, die anders als klassische aktive RFID-Sensoren auch in hochvolumigen Anwendungen zum Einsatz kommen kann, ohne unverhältnismäßig hohe Investitionen zu erfordern, ist ein weiterer Schritt in Richtung Industrie 4.0. Sensor-RFID-Tags sind nicht nur kostengünstig, sondern auch komplett wartungsfrei und umweltfreundlicher zu recyceln als batteriebetriebene Lösungen.“
Wassereinbruch kontaktlos detektiert
Das Qualitätsmanagement in der Automobilproduktion ist vor allem zeitaufwändig. Fertig produzierte Fahrzeuge werden auf Herz und Nieren getestet. Im Anschluss müssen alle Testergebnisse analysiert werden und es erfolgt ein Feedback in die Produktion. Ein besonderes Augenmerk legen die Ingenieure dabei auf die Dichtheit der Fahrzeuge. Wasser darf auch unter widrigsten Bedingungen nicht in das Auto eindringen. Das gilt umso mehr bei Fahrzeugen mit Elektroantrieb – die Kombination von Hochspannung und Wasser an der falschen Stelle kann hochgradig gefährlich werden. Die Kontrolle ist aufwändig. Nach der Durchfahrt durch die Beregnungsanlage müssen die Fahrzeuge manuell getestet werden, um an neuralgischen Stellen einen möglichen Wassereinbruch zu detektieren. „Dieser zeit- und arbeitsintensive Prozessschritt kann durch den Einsatz von RFID-Sensor-Labels entfallen. Die Labels können mit einem Handheld Reader oder auch bei der Durchfahrt durch ein Gate ausgelesen werden. Die spezielle Chiptechnologie ermöglicht umgehend eine Aussage, ob und wo Wasser in das Fahrzeug eingedrungen ist.“
Weniger als zehn Tags können ausreichen
„Die ersten Tests bei Automobilherstellern haben gezeigt, dass zwischen acht und 16 Sensor-Tags in der Serienproduktion im Fahrzeug verklebt werden sollten, um alle Risikobereiche abzudecken. Jeder Automobilproduzent kennt seine Baureihen und weiß über potenzielle Stellen, an denen die Möglichkeit für eine Undichtigkeit besteht, bestens Bescheid. Jede Fahrzeugbauform weist Besonderheiten auf, die bei der Platzierung der Tags berücksichtigt werden müssen“, berichtet Lauri Hyytinen aus seinen zahlreichen Gesprächen, die er mit Qualitätsverantwortlichen aus der Automobilindustrie führte.
Die Lesereichweite des Sensor Tadpole Tags von rund 3,5 Metern auf Metall ist ideal auch für Gate-Anwendungen geeignet.
Der Trick mit der Impedanz
Die Grundlage der RFID-Sensor-Tags sind bewährte RFIDProdukte, wie sie bereits seit Jahren im Portfolio von Smartrac zu finden sind. „Sowohl der Smartrac Sensor Tadpole als auch der Sensor Dogbone verfügen über die gleiche Speicherkapazität und die gleichen Performancewerte wie klassische Tags“, erklärt Lauri Hyytinen und führt aus: „Die Tag-Struktur fungiert als RLC-Stromkreis, der auf Änderungen in seiner Umgebung reagiert. So werden Daten aus der direkten Umgebung des Tags, wie beispielsweise Feuchtigkeit, in eine Impedanzänderung umgewandelt. Die IC übersetzt diese veränderte Impedanz in einen Sensor Code, der mit einer Visualisierungssoftware angezeigt wird. Bei einem herkömmlichen RFID-Label führt ein veränderter Widerstand, ausgelöst durch Feuchtigkeit, zu einer Verminderung der Lesbarkeit. Das ist bei den von uns entwickelten Sensor- Labels nicht der Fall.“
Entwicklung noch lange nicht am Ende
Noch in der ersten Jahreshälfte 2016 soll ein Sensor-Tag auch für das Messen von Temperaturen präsentiert werden, berichtet Lauri Hyytinen. Und das sei noch lange nicht das Ende der entwicklungsseitigen Fahnenstange. „Auf Basis der ICs von RFMicron ist es möglich, eine komplett neue Produktfamilie von RFID-Tags zu entwickeln. Es wird möglich sein, unterschiedlichste Umweltdaten präzise zu erfassen. Damit werden die Sensor-Tags auch für Anwendungen außerhalb der Automobilfertigung interessant.
Bereit für hohe Volumen
Lauri Hyytinen sieht die neuen Sensor-Tags als einen entscheidenden Faktor an, um Entwicklungen in Richtung der Industrie 4.0 zu beschleunigen. „Eine Sensorik-Lösung, die anders als klassische aktive RFID-Sensoren auch in hochvolumigen Anwendungen zum Einsatz kommen kann, ohne unverhältnismäßige Investitionen zu erfordern, ist ein weiterer Schritt in Richtung Industrie 4.0. Sensor-RFID-Tags sind nicht nur kostengünstig, sondern auch komplett wartungsfrei und umweltfreundlicher zu recyceln als batteriebetriebene Lösungen. Im Ergebnis führt dies dazu, dass die Möglichkeiten der Anwendungen, in denen die Technologie eingesetzt werden kann, quasi grenzenlos sind.“